„Das sind echte Powermänner!" - Das Interview, das es nie gegeben hat

Vorurteile und Klischees sind in der Berichterstattung über Politiker*innen mit Migrationsgeschichte immer noch allgegenwärtig. Warum nicht mal die Narrative umkehren? Ein fiktives Gespräch.

Frau Parteivorsitzende, wie steht es nach dieser Bundestagswahl um Vielfalt in Ihrer Partei?

Parteivorsitzende: Leider stehen wir noch immer vor dem Problem, dass sich bei uns zu wenige Männer engagieren. Ich persönlich habe über die Jahre alles versucht: Männerförderung, Selbstverpflichtungen in unserem Statut und wir haben ja auch einen jungen und hochkompetenten Familienminister in der neuen Regierung. Alleine dadurch sollte doch schon mehr Motivation entstehen, mitzugestalten und sich einzubringen.

Wäre es aus ihrer Sicht bald auch einmal Zeit für einen männlichen Verteidigungsminister?

Parteivorsitzende: Wir haben festgestellt, dass die Männer in unserer Partei eher für Sozialpolitik interessieren, wo sie ihre Einfühlsamkeit einbringen können, als für die doch oft sehr harte Landesverteidigung. Sie erinnern sich bestimmt noch an die letzte Regierung, in der ein Mann das Verteidigungsministerium übernommen hatte. Da haben sich schon viele der ranghohen Soldatinnen und auch die Bevölkerung gefragt: Kann der das? Für dieses Amt muss man auch eine gewisse Autorität ausstrahlen und durchsetzungsfähig sein, um ernst genommen zu werden.

Brauchen wir eine Quote für die Parlamente? Oder reicht es, wenn die Männer sich mehr engagieren?

Parteivorsitzende: Ich glaube nicht, dass wir den Männern mit einer Quote einen Gefallen tun. Schließlich wollen sie ja durch ihre Kompetenz überzeugen und nicht einfach nur als Quotenmann ins Amt gehievt werden. Sie wollen zeigen: Wir sind echte Powermänner, wir schaffen das!

Um welche Gruppe machen Sie sich dabei am meisten Gedanken?

Parteivorsitzende: Uns fällt auf, dass sich insbesondere die alten, biodeutschen Männer wenig in die Politik einbringen. Die haben wir irgendwo auf dem Weg verloren – dabei ist doch in unserer Gesellschaft alles möglich. Auch Männer können heute Familie und Karriere vereinbaren mit ein bisschen Planung und auch Männer ohne Migrationserfahrung, die nicht in verschiedenen Ländern gelebt haben oder mehrere Sprachen sprechen, können etwas erreichen.

Könnte es nicht auch sein, dass Männer keine Lust auf eine mühselige Karriere in der Politik haben – und lieber einen Job in der Wirtschaft annehmen?

Parteivorsitzende: Da sich nur ein Bruchteil der Männer in der Politik wiederfindet, müsste man erwarten, dass sie in der freien Wirtschaft umso stärker vertreten sind. Aber zählen Sie mal die männlichen Vorstände in den DAX-Konzernen. Auch dort sieht es nicht besser aus. Vielleicht ist das Interesse bei vielen Männern an Macht und Gestaltung einfach nicht so ausgeprägt wie bei Frauen und wir sollten diese Unterschiede auch akzeptieren. Kindererziehung und die sozialen Berufe, sind schließlich auch ganz wichtige Säulen unserer Gesellschaft.

Die Frau ist die Karriere macht, der Mann, der sich eher für soziale Themen interessiert. Ist das nicht etwas klischeehaft?

Parteivorsitzende: Sie haben recht, dieses Klischeedenken sollte wirklich der Vergangenheit angehören. Allerdings können die Männer das nur selbst erreichen: indem sie sich ein bisschen mehr anstrengen.

Dieser Beitrag erschien zunächst im Dossier “Eine Davon –  Frauen mit Migrationsbiografie in der Politik”. Entstanden ist das Dossier nach Abschluss der zwei Durchgänge des Mentoring-Programms Vielfalt: “Mein Hintergrund? Ich will in den Vordergrund”. Das Programm wurde im Rahmen des Helene Weber-Kollegs (HWK) vom Bundesministerium für bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) gefördert und von der EAF Berlin umgesetzt.

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Ein Projekt der EAF Berlin in Kooperation mit dem Deutschen LandFrauenverband